Ein Overnighter in der Sächsischen Schweiz: Von Bad Schandau an die tschechische Grenze

Nach knapp einem halben Jahr war es für mich mal wieder soweit, in die Sächsische Schweiz zu fahren. Gerade als Berliner bietet sich die Gegend einfach super für ein Wochenende oder selbst einen Tagesausflug an. Nachdem ich im September 2024 das erste Mal dort war, um den Malerweg zu laufen, habe ich mich so ein bisschen in die Landschaft dort verliebt. Das Elbsandsteingebirge mit seinen malerischen Ausblicken bietet mir genau die Abwechslung, die mir im flachen Brandenburg immer fehlt. Bereits im Februar war ich deshalb schon wieder dort, damals für einen kurzen Tagesausflug mit jeder Menge Schnee. Dieses Mal stand eine Übernachtung mit Zelt auf dem Programm – Mitte Juli bei ganz anderen Wetterbedingungen, als bei meinem letzten Besuch.

Los ging’s wie immer vom Berliner Hauptbahnhof mit dem tschechischen EC, der in Richtung Prag fährt. In nur etwas über 2 Stunden bringt einen dieser direkt nach Bad Schandau und damit ins Zentrum der Sächsischen Schweiz. Nachdem ich meine An- & Abreise gerne einfach gestalte und mich nicht auf Umstiegverbindungen verlassen möchte, bin ich genau wie beim letzten Mal direkt vom Bahnhof aus losgewandert. Auf dem Plan standen insgesamt ca. 30km auf die beiden Tage verteilt, mit ca. 700 Höhenmetern am ersten Tag – insgesamt also einer eher entspannte Tour.

Los ging es also von Bad Schandau kurz vor 14 Uhr mit dem Tagesziel Zschirnstein, genauer gesagt dem Zschirnstein Biwak, einer offiziellen Camping-Stelle vom Sachsenforst, an der man für 10€ eine Nacht bleiben darf. Das Ganze ist Teil des Forststeigs, einer 105km langen Trekking-Route entlang der deutsch-tschechischen Grenze und durch die sächsische Schweiz. Nach einem kurzen Stück entlang der Straße ging es dann in den Wald und direkt zum ersten Anstieg. Hier war die Natur noch relativ unspektakulär und auf eine gute Aussicht musste ich auch noch etwas warten. Oben angekommen war ich aber schon ganz schön durchgeschwitzt, da es mit ca. 25 Grad doch etwas wärmer war, als erwartet.

Ein über den Weg liegender Baumstamm.
Hier wurde mir das erste Mal der Weg versperrt.

Nach einem kurzen Kleidungswechsel ging es dann weiter in Richtung Kleinhennersdorf, wo ich den ersten anderen Wanderern begegnet bin. Die Gruppe stellte sich als niederländische Familie heraus, welche auf dem Malerweg unterwegs war – und damit vermutlich auf der vorletzten Etappe. Die Mutter der Familie hat mir eine hand voll Kirschen hingehalten und mich gefragt, ob ich auch welche möchte. Das Angebot hab ich natürlich gerne angenommen und mir ein paar Kirschen genommen. Es stellte sich dann schnell heraus, dass sie mir sogar alle der Kirschen geben wollte und so hatte ich plötzlich eine riesige Hand voll Kirschen als meinen ersten Nachmittags-Snack. Und es waren auf alle Fälle die süßesten Kirschen, die ich in diesem Sommer bisher gegessen habe! Der Kirschbaum dort war eine richtige Goldgrube und so war es nicht verwunderlich, dass der Rest der Familie während unseres Gesprächs fleißig weitergesammelt hat. Kurz danach bin ich noch auf ein paar weitere Kirschbäume entlang des Weges gestoßen und habe noch vereinzelt probiert – aber keiner der Bäume hatte auch nur annähernd so gute Kirschen, wie der erste. Da hatte die niederländische Familie auf alle Fälle den richtigen Riecher – oder sie hat sich vorher durch die ganzen anderen Bäume probiert, da sie aus genau der Richtung kamen.

Eine Handvoll Kirschen.
Die letzten der Kirschen, die mir die niederländische Familie gegeben hat.

Gestärkt durch die Begegnung ging es für mich dann zurück vom Feld in den Wald und zum nächsten größeren Anstieg zum Lasenstein – mit 377m der dritthöchste „Gipfel“ des Tages für mich. Hier habe ich auch recht deutlich die Spuren des eher stürmischen Juni gemerkt und musste unter einigen großen Bäumen hindurchkriechen, die mir den Weg versperrt haben und zu groß zum darübersteigen waren. Auf dem Lasenstein angekommen hat sich über den gesamten Gipfelbereich ein Meer aus wilden Heidelbeeren gezeigt. Im Gegensatz zu den Kirschen hab ich hier jedoch nicht probiert – als Kind wurde mir glaube ich zu sehr eingetrichtert keine so niedrig hängenden Früchte zu essen, um das Risiko des Fuchsbandwurms zu vermeiden. Ob das Risiko tatsächlich so existiert, kann ich ehrlich gesagt gar nicht sagen, zu dem Thema müsste ich mich tatsächlich mal genauer informieren. Auch der Lasenstein hielt für mich leider keine besondere Aussicht bereit und so ging es nach einer kurzen Pause direkt wieder weiter, ein Stück nach unten und durch das nächste Dorf.

Wilde Heidelbeeren.
Wilde Heidelbeeren auf dem Lasenstein.

Dort sollte mich laut Karte die letzte Möglichkeit erwarten, um mein Wasser aufzufüllen. Dort angekommen musste ich aber ernüchtert feststellen, dass das Wasser aus der Quelle nur tropfenweise kam und es bestimmt eine halbe Stunde gedauert hätte, meinen ganzen Wasservorrat für das Abendessen und den nächsten Tag aufzufüllen. Da ich aber einen kleinen Bach direkt daneben gesehen habe, der entlang meiner Strecke verlief, war mein Plan einfach diesem zu folgen und dort hoffentlich an einer passenden Stelle mein Wasser aufzufüllen. Und siehe da: Keine 5 Minuten später kam ich schon an einer anderen Quelle vorbei, die nicht auf der Karte verzeichnet war und konnte meine Flaschen in kürzester Zeit mit erfrischend kühlem Wasser auffüllen.

Ein Picknick aus Steinobjekten.
An der offiziellen Quelle gab es zwar kein Wasser, dafür dieses "Stein-Picknick"

Erfrischt, aber 2kg schwerer ging es dann zum nächsten und längsten sowie steilsten Anstieg des Tages: 235 Höhenmeter auf den kleinen Zschirnstein inklusive einer kleinen Klettereinlage, bei der ich vor lauter Energie so schnell hoch bin, dass ich mir den Kopf an einem Felsvorsprung gestoßen habe – zum Glück nur halb so schlimm. Der Weg nach oben hat sich auf alle Fälle gelohnt, denn oben auf 460m angekommen bot sich der erste richtige Ausblick des Tages in Richtung Gohrisch und Pfaffenstein, zwei der Berge, die ich vergangenes Jahr auf dem Malerweg bestiegen habe und wo sich zu dem Zeitpunkt vermutlich gerade irgendwo die niederländische Familie befand.

Als ich auf dem Gipfel des kleinen Zschirnstein stand kam mir zum ersten Mal an dem Tag der Gedanke: Wie schön es doch wäre, hier oben zu campen und mit so einer tollen Aussicht einzuschlafen und aufzuwachen. Wissend, dass das natürlich nicht erlaubt ist und da ich auch noch nie wild gecampt habe, habe ich diesen Impuls aber wieder weggeschoben und mich auf den Weg zum letzten Gipfel des Tages gemacht, dem großen Zschirnstein mit ca. 560m der höchste Gipfel der sächsischen Schweiz und kurz vor der tschechischen Grenze. Der letzte Anstieg verlief sehr moderat und ohne größere Anstrengung. Oben angekommen bot sich mir dann ein Blick in Richtung Elbe und nur wenige hundert Meter weiter nach Tschechien.

Ausblick auf die Sächsische Schweiz und in Richtung Tschechien.
Der Ausblick vom großen Zschirnstein - so lässt sich das Abendessen genießen!

Während ich den wunderbaren Ausblick genossen habe, kam wieder der Gedanke auf, wie es wäre hier oben eine Nacht zu verbringen und vor allem den Sonnenaufgang zu beobachten. Und je länger ich darüber nachgedacht habe, desto entschlossener war ich dazu, das tatsächlich auch zu machen. Ein kurzer Check der Karte versicherte mir, dass ich außerhalb des Nationalparks und auch in keinem Naturschutzgebiet war. Das macht das Wildcampen natürlich noch nicht legal, aber meiner Meinung nach durchaus vertretbar – zumindest wenn man sich an das „Leave No Trace“ Konzept hält, sprich weder Müll noch sonstige Spuren der Übernachtung hinterlässt.

Ich habe also ein bisschen gewartet, bis die meisten anderen Leute vom Gipfel verschwunden sind und nur noch eine Familie übrig war, von denen ich auch direkt den Eindruck hatte, dass sie vielleicht einen ganz ähnlichen Plan hatte, da an ihren Rucksäcken Isomatten hingen. Mein Plan war nun also einen Platz zu finden, der einerseits groß und flach genug für mein Zelt und andererseits abseits der Wege und nicht einsehbar war. Gar keine leichte Aufgabe mitten auf einem Sandstein-Gipfel, wo der Fels nur selten größere passende Flächen bietet. Ich bin also langsam entlang des Felsvorsprungs gelaufen und habe Ausschau gehalten. Nachdem ich fast schon aufgeben und doch zum offiziellen Biwakplatz laufen wollte, kam plötzlich doch noch der perfekte Zeltplatz. Relativ eben und vom Hauptweg aus nicht einsehbar, lediglich von einem kleineren Nebenweg, aber auch dann nur bei sehr genauem Hinschauen.

Blick auf meinen Camp-Platz am Felsvorsprung.
Na, wer entdeckt wo das Zelt aufgebaut werden soll?

Ich habe also meinen Rucksack abgestellt und mein Groundsheet ausgepackt, um zu checken, ob mein Zelt überhaupt auf diese doch recht kleine Fläche passt. Und ich hatte Glück, es passte haargenau, zumindest für mich alleine, denn nur die Hälfte des Zelts stand relativ eben, eine zweite Person hätte nachts definitiv nicht gut geschlafen. Auch von der Höhe war es wie ausgemessen und das Dach meines Zelts war gerade so unter einem Ast. Ich war dadurch also bestens versteckt und musste mir keine großen Sorgen machen, entdeckt zu werden. Zeit also für mein Abendessen, welches ich bei bester Aussicht und absoluter Stille genießen konnte. Im Hintergrund wurden die Stimmen in der Ferne immer weniger und zum Sonnenuntergang hörte es sich dann ganz danach an, dass auch die letzten Personen den Zschirnstein verlassen haben. Nachdem ich den Ausblick noch ein bisschen genossen habe, bin ich dann auch relativ früh in mein Zelt, denn ich hatte vor am nächsten Morgen den Sonnenaufgang gegen 5 Uhr zu sehen.

Mein Zelt vor dem Sonnenuntergang.
Passt genau wie gehofft, kein Centimeter zu viel Platz.

Pünktlich um 5 hat mich also mein Wecker, natürlich ganz leise per Vibration, auf den bevorstehenden Sonnenaufgang hingewiesen und ich habe es ein paar Minuten später geschafft, aus dem Zelt zu kommen. Dort hat mich direkt die Morgendämmerung und das erste Anzeichen der Sonne erwartet – es sah ganz so aus, als ob mich tatsächlich ein echt schöner Sonnenaufgang erwartet. Gerade durch den Nebel über der Elbe und vereinzelte Wolken hat sich mir einer der schönsten Sonnenaufgänge geboten, an die ich mich erinnern kann (zugegebenermaßen sehe ich aber auch deutlich weniger Sonnenauf- als -untergänge). Und die nächste kleine Überraschung: Die Familie, von der ich am Vorabend noch vermutet hatte, dass sie auch hier oben übernachten will, stand ein paar hundert Meter weiter an der Klippe und hat den Sonnenaufgang ebenfalls genossen.

Ein absolut magischer Sonnenaufgang.

Nachdem ich schon so früh wach war und genug Zeit bis zu meiner Rückfahrt am Nachmittag hatte, konnte ich den restlichen morgen ganz entspannt verbringen, angefangen mit einer Tasse Kaffee beim Lesen (und abwechselnden Genießen des immer noch tollen Sonnenaufgangs). Da ich bei diesem Overnighter insgesamt keine große Strecke geplant hatte, hab ich mir ausnahmsweise etwas mehr Gepäck gegönnt und konnte dadurch zum Frühstück eine Dose Baked Beans mit (Veganen) Würstchen verspeisen – für mich als Foodie doch nochmal ein ganz anderes Level als der übliche Porridge, den ich sonst in der Regel beim Trekking esse.

Frühstück mit Baked Beans, Veganer Würstchen und einer top Aussicht.
Ein ungewohntes Luxus-Frühstück für mich beim Trekking.

Bestens gestärkt konnte ich dann also gegen halb 9 aufbrechen, um die Tagesetappe von ca. 16km anzugehen, die mit deutlich weniger Höhenmetern noch entspannter als die gestrige werden sollte. Los ging es erstmal mit dem Abstieg vom Zschirnstein vorbei am Biwakplatz, an dem ich ursprünglich campen wollte. Im Vorbeilaufen konnte ich nur einen kurzen Blick darauf werfen und habe gesehen bzw. gehört, dass der Platz auf alle Fälle gut besucht war. Umso mehr habe ich mich über meine ruhige Nacht un den ruhigen Morgen in Alleinlage gefreut. Entlang ging es dann großteils über breite Forstwege, wo ich auch noch einem Mann aus Frankreich begegnet bin, der an seinem Camper saß und auch seinen Kaffee genossen hat.

Sicherlich war auch er dort nicht ganz legal nachts unterwegs, aber ich finde des ehrlicherweise voll in Ordnung, auch wenn das Gesetz etwas anderes sagt. Sofern die Natur respektiert wird, man keine Spuren hinterlässt und sich leise verhält (und natürlich Nationalparks, Naturschutzgebiete und private Flächen vermeidet), sollte jeder die Möglichkeit haben, sich in der Natur aufzuhalten, auch über Nacht im Zelt. Hier beneide ich immer die nordischen Länder, in denen das so unkompliziert möglich ist und gelebt wird.

Der weg zum Mittagessen.

Die restliche Etappe verlief dann relativ unspektakulär ohne große Aussichten, aber mit doch ganz abwechslungsreichen Wegen durch den Wald. Mein letztes Highlight der Tour war das bevorstehende Mittagessen: Dafür habe ich meine Route extra so gelegt, um an einem Gasthaus vorbeizukommen, bei welchem ich bereits letztes Jahr auf dem Malerweg eingekehrt bin und ziemlich gute Käsespätzle gegessen hatte: Der Gasthof Liethenmühle. Bereits 5 Minuten nach Öffnung waren an diesem Samstag Mittag die Hälfte der Tische draußen belegt und ich war froh, schon so früh angekommen zu sein. Noch eine halbe Stunde später war dann tatsächlich alles voll, inklusive der restlichen Plätze an meinem Tisch. Genau wie ich vor einem Jahr, waren die anderen Gäste fast ausschließlich auf dem Malerweg unterwegs und auch hier merkte ich nochmal, wie beliebt der Malerweg scheinbar bei den Niederländern ist, denn ich habe mehr niederländisch als deutsch um mich herum gehört.

Mit den Käsespätzle in meinem Bauch hieß es dann, die verbleibenden Kilometer etwas schneller zurückzulegen, um meinen Zug zurück nach Berlin zu erwischen. Der hatte natürlich am Ende 15 Minuten Verspätung, so dass ich mich nicht ganz so hätte beeilen müssen. Die Rückfahrt war dann in einem deutlich leereren Zug als auf der Hinfahrt sehr angenehm und ruhig und ich freue mich schon auf das nächste Mal in der Sächsischen Schweiz, denn es gibt auch hier immer noch viele Ecken zu entdecken. Vielleicht dann im Frühling, dann hätte ich alle Jahreszeiten abgedeckt!